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Eröffnung: 14.06.2007, 19.30 Uhr

Ausstellung: 15.06.–08.07.2007

Madonnenatelier

Anton Bošnjak hat im Madonnenatelier für einundhalb Jahre gearbeitet. Seine Arbeit ist still, aber nur im ersten Moment. Spürbar der Bruch mit dem Erlebten, nachdem er nach dem 14-monatigen Beschuss Mostars nach Italien gekommen ist. Dort wartete er einen Monat auf sein Visum, bevor er nach Deutschland einreisen durfte. Das war 1993. In München besuchte er die Akademie der Bildenden Künste und hat 2005 bei Günther Förg sein Diplom abgelegt. Seitdem arbeitet er in München und lebt hier mit Frau und Sohn.

Anton Bošnjaks Arbeiten erscheinen im ersten Moment leicht skizzenhaft, erweisen sich allerdings schon nach 2 bis 3 Sekunden Betrachten als filigrane Spitzen von riesigen emotionalen Eisbergen. In seinen Styropor-Skulpturen und der Wandtapete thematisiert er Krieg und Waffengewalt. Trauer und Tod zeigt er in den Blumen und dem Trauerschleier im zweiten Raum. Wunden, Blut und Sperma thematisiert er in der Wandmalerei (ebenfalls im zweiten Raum).

Die Blumen aus billigen industriellen Verpackungsnetzen sind klein und zart und doch irgendwie lustig in ihrer leuchtenden künstlichen Farbigkeit im Glanz der Plastikröhrchenstengel.

Die Architekturen und Möbel aus Styropor könnten 1000 Jahre existieren, weil dieser Kunststoff nicht von selbst verrottet, es sei denn Gewalt wirkt auf diesen ein. Dann bricht und bröselt es, wie Hochhäuser im Bombenhagel. Eine dünne Schicht einer Papiertapete überzieht eine Münchner Wand, in diesem Atelier mit Abbildern unzähliger bombardierter Häuser aus dem Balkankrieg, wie sie zu abertausenden im Internet zu finden sind.

Die Zartheit des Musters der zerbombten Häuser zeigt die Alltagsornamentik, die die Gegenwart der medialen Kriegsberichterstattung in Westeuropa und in anderen noch scheinbar kriegsfreien Wirtschaftsregionen angenommen hat. Wir alle leben damit.

Waren bei Martha Rosler die Kriegsereignisse des Vietnamkriegs noch durch die Fensterscheiben schöner Fünfzigerjahre Haushalte, samt staubsaugender Ehefrauen zu sehen, kommen bei Anton Bošnjak die Bilder des Balkankrieges, in Form zerbombter Architekturen, über die Wände der Wohnzimmer gekrochen, in denen wir es uns noch gemütlich machen.

Irgendetwas erinnert mich an Isa Genzkens Werk, die in einer frühen Periode ihrer Arbeit der großen modernistischen Skulptur, kleine, billige, dreckige Materialien und Formen entgegengesetzt hat.

Erstaunlich berührend und hochemotional erscheinen mir die Arbeiten von Anton Bošnjak, der hier in München, eigentlich unbemerkt von der ansässigen Szene, uns mitteilt, was sonst in der Welt vor sich geht.

Positionen wie die seine, stellen eine Realität zwischen Kunstweltdiskursen und der Tatsache des Kriegs her. Der Diskurs der Moderne, der den „white cube“ erfand, definierte und bis heute behauptet, findet mit Anton Bošnjak seine zeitgenössische politische Erweiterung. Eigentlich kein „loosening“, sondern eine Bestätigung der Wichtigkeit eines solchen abstrakten Raumes, wie nur der „white cube“ es sein kann, angesichts der Tatsachen von Kriegen in der heutigen Welt.

Es tut mir leid, Antons Arbeiten nicht in der großen Halle zu sehen, aber was nicht ist kann ja noch werden.

Uli Aigner 2007

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© Lothringer13, Städtische Kunsthalle München
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